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Scheidung und Kinder

  • paulgamber
  • 14. Juli 2015
  • 5 Min. Lesezeit

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Kinder leiden unter einer Trennung der Eltern, meist mehr als diese ahnen. Steht Ihr Entschluss zur Trennung oder Scheidung fest, so müssen die Tatsachen auf den Tisch. Kinder haben feine Antennen und die wachsenden Spannungen sicherlich schon längst mitbekommen.

Für Ihr Kind gibt es keine »gute« Trennung

Wenn man sich nur »gut« und freundschaftlich trennt, nehmen die Kinder nur geringen Schaden, glauben viele Scheidungswillige. Aber auch ohne Schlammschlacht tragen vor allem die Kinder das Leid. Die »gute« Scheidung mag gut für die Erwachsenen sein, weil sie ihnen erlaubt, neue Lebensentwürfe ohne große Reibereien zu verwirklichen. Aber sie auch als gut für Kinder zu beschreiben, ist irreführend.

Erst hielt man Scheidungen für betroffene Kinder für ungefähr so anstrengend wie einen lästigen Schnupfen. Dann entdeckte man, dass der Nachwuchs vielleicht doch eher eine schwere Grippe durchmacht. Langsam setzt sich die Einsicht durch, dass viele Kinder echten Schaden nehmen, wenn die Eltern sich scheiden. Schaden, den zumindest die »klugen« Scheidungswilligen glauben, abfedern zu können, wenn sie eine »gute« und freundschaftliche Scheidung hinkriegen.

Dass diese Annahme auf tönernen Füssen steht, zeigen Untersuchungen aus den USA. Scheidungskinder fühlten demnach sich in ihrer Kindheit emotional weniger sicher als die anderen, sie fühlten sich auch weniger beschützt von ihren Eltern. Sie hatten stattdessen häufiger als andere Kinder das Gefühl, ihre Eltern beschützen zu müssen. Auffallend viele Trennungskinder finden sich später in der Kriminellen- und Drogenszene.

Das Interessante an den Ergebnissen der Untersuchung ist, dass selbst dann, wenn sich geschiedene Eltern vernünftig und den Kindern gegenüber liebevoll verhalten, diese trotzdem mit der Aufgabe konfrontiert sind, in sehr jungen Jahren die unterschiedlichen Wertvorstellungen und Lebensgestaltungen von zwei Eltern allein verstehen zu müssen. Weil sie sich je nach Aufenthalt – bei Mutter oder Vater - anders verhalten müssen, gibt es auch in Scheidungsfamilien viel mehr Geheimnisse und Lügen als in intakten Familien. Es ist kein Zufall, dass systemische Therapeuten vieles daran setzten, dass das Paar zusammenbleibt und doch noch einen gemeinsamen Weg findet. Ist die Scheidung/Trennung unvermeidbar, müssen beide Partner wissen, was sie ihren Kindern damit zumuten.

Wie Kinder auf die Trennung ihrer Eltern reagieren Kinder können nur schwer akzeptieren, wenn ein Elternteil auszieht und die Familie verlässt. Ihr Sicherheitsbedürfnis wird zutiefst erschüttert. Für sie ist der Auszug und die Trennung von einem Elternteil ein schwerer Verlust, für manche sogar ein Trauma. Doch kein Kind reagiert wie das andere. Und kein Kind bewältigt die Trennung seiner Eltern wie das andere. Dennoch gibt es alterstypische Reaktionen, die man bei fast allen Kindern beobachten kann:

  • Kleine Kinder verhalten sich häufig aggressiv und ängstlich, lassen die Mutter oder den Vater kaum noch aus den Augen. Jetzt ist Papa schon weggegangen, wer weiß, ob die Mama nicht auch noch weggeht? Häufig wird wieder eingenässt oder nach dem Schnuller verlangt - Verhaltensweisen, die anmahnen, dass doch alles wieder so wie früher sein sollte. Da sie sich in diesem Alter als Mittelpunkt ihrer kleinen Welt erleben, glauben sie häufig, an der Trennung der Eltern schuld zu sein.

  • Schulkinder bringen durchaus Verständnis für die elterlichen Probleme auf, doch die Trennung der Eltern macht sie traurig, wütend und hilflos. Als Eltern dürfen Sie sich nicht wundern, wenn in der Schule die Leistungen nachlassen oder Schwierigkeiten im Umgang mit den Freunden auftreten. Kinder in diesem Alter sorgen sich häufig sehr um ihre Eltern und übernehmen die Verantwortung für Dinge, für die sie eigentlich noch zu jung sind.

  • Jugendliche reagieren sehr widersprüchlich. Zum Einen zeigen sie sich sehr einfühlsam den Beziehungsproblemen der Eltern gegenüber und bieten sich vielleicht sogar als Gesprächspartner an. Andererseits zeigen sie, je nach Temperament, mit deutlicher Wildheit und Wut – oder mit Rückzug und Verweigerung - ihre grenzenlose Enttäuschung über das Auseinandergehen der Eltern und den damit verbundenen Verlust ihrer vorher intakten Familie. Jugendliche fühlen sich oft durch die Trennung der Eltern gezwungen, schneller erwachsen werden zu müssen. Überstürzte und konfliktreiche Ablösungsversuche werden unternommen, doch vielen Jugendlichen gelingt in dieser Situation die notwendige Ablösung von der Familie überhaupt nicht. Für viele ist es ein Einstieg in die Welt der Drogen oder des Alkohols.

So können Sie Ihrem Kind am besten helfen

Die wichtigste Hilfe, die Sie als Eltern Ihrem Kind geben können, besteht darin, ihm als Vater und Mutter weiterhin ganz intensiv zur Seite zu stehen und ihm bei der Bewältigung all der Veränderungen, die mit Ihrer Trennung zusammenhängen, zu unterstützen. Auch wenn Sie als Paar auseinander gehen - Eltern werden Sie zeitlebens bleiben.

  • Nehmen Sie sich viel Zeit für Ihr Kind. Sagen Sie ihm auch, dass Sie es weiterhin ganz fest und unverändert lieb haben.

  • Erklären Sie Ihrem auch jüngeren Kind, was es wissen will und seinem Alter am besten entspricht. Geheimniskrämerei ängstigt Ihr Kind mehr als eine ehrliche und offene Sprache.

  • Erklären Sie ihm, was sich ändern wird, aber betonen Sie, was an Gewohntem bleiben wird, so wie bisher.

  • Es wird für Sie ganz bestimmt nicht einfach sein, die Trauer und Wut Ihres Kindes über die Trennung seiner Eltern mit etwaigen Schuldzuweisungen auszuhalten, aber auch mit den eigenen Schuldgefühlen fertig zu werden. Sagen Sie Ihrem Kind, dass es an der Trennung nicht schuld ist, sondern der Grund allein bei Papa und Mama liegt.

  • Sehen Sie die unter Umständen problematischen Reaktionen Ihres Kindes nicht als Störung an, sondern als das starke Bemühen, mit einer sehr schwierigen und veränderten Situation fertig zu werden.

  • Bemühen Sie sich, Ihrem Kind möglichst viel Unterstützung zu geben und vor allem für eine verlässliche, tägliche Routine zu sorgen. Kinder brauchen das Gefühl von Beständigkeit.

  • Auch wenn es noch so schwer fällt, verzichten Sie bei Ihrem Kind auf Kritik am anderen Elternteil. Für eine gesunde Entwicklung ist es wichtig, dass Kinder beide Elternteile achten können.

  • Andererseits sollten Sie Ihre Gefühle vor Ihren Kindern nicht verbergen. Reden Sie darüber in einer altersgemäßen Sprache mit ihnen und verzichten Sie darauf, Ihren Partner zu verteufeln.

  • Versuchen Sie nicht, sich Ihrem Kind als den besseren Elternteil darzustellen. Zwingen Sie es nicht, für Sie und gegen den anderen Elternteil Partei zu ergreifen.

  • Falls es durch die Trennung und Scheidung zu finanziellen Schwierigkeiten kommen sollte, verschweigen Sie das Ihrem Kind nicht. Erklären Sie ihm die neue Situation.

  • Versuchen Sie, sich in die Lage Ihres Kindes hineinzuversetzen und die Situation mit seinen Augen zu betrachten. Vielleicht verstehen Sie nun, warum es gerade jetzt Ihre Zuwendung und Aufmerksamkeit benötigt.

Wie Kinder langfristig mit der Trennung und Scheidung ihrer Eltern fertig werden, hängt weniger von der Tatsache der Trennung ab, sondern vor allem von den Bedingungen vor und nach der Trennung.

Was Sie tun können, wenn Ihnen die Probleme über den Kopf wachsen Eltern, die sich trennen, sind mit vielen Problemen belastet. Sie fühlen sich hilflos und völlig überfordert. Scheuen Sie sich nicht, an kompetenter Stelle Rat und Unterstützung zu suchen. Es ist hilfreich und entlastend, mit einem fachlich versierten Außenstehenden über seine Nöte sprechen zu können. Sie sollten darauf nicht verzichten. Nach dem Gesetz haben Sie sogar ein Recht darauf. Wenden Sie sich an Ihr Jugendamt oder an eine geeignete Beratungsstelle und vereinbaren Sie einen Termin für ein Beratungsgespräch. Suchen Sie einen in Trennungsangelegenheiten erfahren Therapeuten auf.

 
 
 

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