Der "leere" Stuhl - Sich in die Haut des Gegners begeben
- paulgamber
- 12. Juni 2015
- 2 Min. Lesezeit
Es kommt nicht selten vor, dass man sich von einer anderen Person angegriffen und verletzt fühlt. Dann denkt man oft tagelang darüber nach und kommt zu keinem Ergebnis. Besser kann es sein, sich einmal in die Rolle des Angreifers zu begeben, um dessen Sichtweise und Motive zu erfahren. Hierfür bietet sich die gestalttherapeutische Methode des »leeren Stuhls« an. Dabei setzen Sie sich auf den »Täterstuhl« und beschreiben die Situation aus dessen Sicht. Danach wechseln Sie wieder auf den eigenen Stuhl und antworten dem Täter aus der eigenen Position. Diese Methode hat oft zur Folge, dass man zu ganz neuen Einsichten über sein eigenes Verhalten gelangt und dies besser den unterschiedlichen Situationen anpassen kann. Die Methode des »leeren Stuhls« beziehungsweise die Rollenumkehr kann Ihnen auch Argumente liefern, mit denen Sie den Angreifer in einem späteren Gespräch konfrontieren können.

Andrea wurde in der Firma monatelang von ihrer Chefin gemobbt. Als sie auf dem Stuhl ihrer Chefin saß, erkannte sie, dass diese in ihr eine Konkurrentin sah. Mit dieser Methode können auch eigene Anteile zum Vorschein kommen: Man hat selbst vielleicht etwas übersehen, ist einem Missverständnis unterlegen oder hat durch sein Verhalten tatsächlich Anlass zur Kritik gegeben. Andrea wurde bewusst, dass sie manchmal durch ihr eigenes Verhalten der Chefin Anlass gegeben hat, eifersüchtig zu sein. Andrea hatte schon oft den Eindruck, dass sie durch ihre freundliche, lebenslustige Art Kollegen und Kunden gegenüber die Eifersucht ihrer Chefin herausforderte. Jetzt erinnerte sie sich wieder an ihre Lehrerin von damals, die Andreas Kleidung als Teenager wohl deshalb nicht leiden konnte, weil sie selbst mit ihrer Figur ein Problem hatte.
Sich auf den »leeren Stuhl« zu setzen und einmal die Position der Gegenseite einzunehmen, kann schon eine überraschende Erfahrung sein. Man erhält dadurch viel Information über die Gefühle und Beweggründe der anderen Partei, und kann sich auf die Konfliktsituation besser einstellen.
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